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Montag, 7. Oktober 2013

Ich war wieder im Kino, dieses Mal war ich im neuen Film von Alfonso Cuarón. Cuarón, das ist der Mann, der sich mit der postapokalyptischen Weihnachtsgeschichte 'Children of Men' gemeinsam mit Kameramann Emmanuel Lubezki einen Namen gemacht hat. Das Dream-Team Lubezki/Cuarón ist jetzt nach ganzen 7 Jahren endlich wieder vereint. 'Gravity' heißt der Film, auf den sie so lange gewartet haben. Eigentlich waren Brad Pitt und Angelina Jolie für die Hauptrollen vorgesehen, schlussendlich spielen jetzt aber George Clooney und Sandra Bullock die zwei Astronauten, die hilflos durch das leere Weltall treiben. Allein, still und schwerelos.


'Gravity' ist ein ruhiger Film voller lauter Höhepunkte. Gleich der Anfang des Films ist wohl das technisch gesehen Beeindruckendste, was ich je gesehen habe. Die Kamera blendet auf die Erde, ganz weit in der Ferne ist ein kleiner Punkt zu sehen, es herrscht totenstille im Kinosaal, die ersten Zuschauer wundern sich bereits, ob vielleicht der Ton zu leise eingestellt ist, dann vernimmt man aber eine sehr leise Stimme, ein Funkspruch, der Punkt kommt immer näher und stellt sich als eine Art Satellit heraus, auch der Ton wird lauter, die Funksprüche stammen von Astronauten, die den Satelliten anscheinend reparieren, sind jetzt klar zu verstehen, die Kamera fliegt schwerelos um das Konstrukt herum, wir lernen einen leichtherzigen George Clooney und eine penibel genaue Sandra Bullock kennen, die Atmosphäre ist entspannt, bis Houston meldet, dass Trümmerteile eines anderen Satelliten auf die intergalaktische Baustelle herantreiben, die Astronauten werden getroffen, getrennt, und schweben hilflos durchs Weltall. Schnitt. Genau wie dieser nicht enden wollende Satz, endet auch diese Sequenz nicht. Für mindestens 10-15 Minuten führt Alfonso Cuarón uns in das bedrohliche Nichts des Weltalls ein, ohne einen einzigen Schnitt. Man kann zwar erahnen an welchen Stellen getrickst wurde, aber trotzdem ist diese Leistung schlichtweg beeindruckend, besonders, da die Kamera sich auf allen Ebenen dreht. Ähnlich wie die Astronauten, gibt es für sie kein Unten und auch kein Oben. Ich weiß nicht wie diese unglaubliche Plansequenz verwirklicht wurde, für mich scheint sie schlicht nicht machbar zu sein, auch wenn ich sie mit meinen eigenen Augen gesehen habe.


'Gravity' ist einer der ganz wenigen Filme, der die aktuelle CGI Technik sinnvoll nutzt. Ohne die beeindruckenden Effekte, hätte man den Film einfach nicht verwirklichen können. Wenn es in 'Gravity' kracht, ist das nicht nur gut für den Trailer, es treibt auch die spannende Story an. Denn wenn 'Gravity' eines ist, dann spannend. Auf den ersten Blick erwartet man das nicht von einem schwerelosen 'Kammerspiel' im endlosen Nichts, aber glaubt mir, dieser Film hat sehr viel zu bieten. Es geht um existenzielle Fragen, das Thema Geburt, Urängste und den Überlebenswillen von Menschen. An manchen Stellen wirkt der sonst so kalte und realistische Film fast schon esoterisch, ohne im Verlauf des Filmes jemals explizit auf solche Themen einzugehen. Cuarón gibt der sonst so simplen Geschichte dadurch ganz beiläufig eine gewisse Mystik, die zu einer erneuten Sichtung einlädt. Da wundert es nicht, dass ich ich glaube, den schwebenden Stift aus '2001' an einer Stelle in 'Gravity' wiedererkannt zu haben. Anders als Kubricks Meilenstein, wird 'Gravity' aber sowohl ein eher einfaches Publikum, als auch den klischeebehafteten, versnobten Cineasten begeistern können. Der Film ist einfach ein Instant Classic. So viele ikonische Einstellungen reichen sich die Hand, ebenso wie der perfekt harmonisierende Cast. Sowohl Clooney, als auch Bullock spielen brilliant. Cuarón hat sogar Zeit mit Erwartungen und den leider immer noch existenten 'In-echt-geht-das-aber-nicht-so-würde-das-nicht-funktionieren-unrealistisch' - Nörglern regelrecht zu spielen, ja, auch gegen die Wand zu spielen.


Beinahe hätte ich einen perfekten Film gesehen, wäre da nicht das eher schwache Ende gewesen. Besonders da hat Cuarón es sich viel zu einfach gemacht, zeigt er doch zuvor Alternativen auf. Ebenfalls muss ich einen Teil des Scores bemängeln. Der trieft an einer Stelle des Films nämlich nur so vor Kitsch und Pathos, das steht der eigentlich so dichten Atmosphäre wirklich nicht gut. Das sind aber nur marginale Kritikpunkte an einem ansonsten erzählerisch und technisch perfekten Film. Sollte Luzbeki nicht den Oscar für die beste Kameraarbeit erhalten, ist die Academy wirklich endgültig verloren. Seine Leistung ist schlicht aussergewöhnlich und dürfte auch dem 'normalen' Kinogänger den Atem rauben. Wenn ihr noch geradeso 7-8 Euro zusammenkratzen könnt, dann müsst ihr unbedingt ins Kino gehen, 'Gravity' ist nicht nur ein Film, sondern auch ein echtes Erlebnis. So etwas habt ihr wirklich noch nicht gesehen. Habt ihr das Geld nicht mehr, bleibt euch nichts anderes übrig, als einen Tag zu Hungern, diesen Film dürft ihr wirklich nicht verpassen.

Geht ins Kino 

Donnerstag, 3. Oktober 2013

Felina

1. Fe/Eisen Li/Lithium Na/Natrium. Blut, Meth und Tränen.

2. Felina ist der Name der Frau im Song 'El Paso'. In dem Song, geht es um einen Mann, der von El Paso flüchtet, um seiner Strafe als Mörder zu entfliehen. Er kehrt zurück und wird niedergeschossen.

3. Felina ist ein Anagramm für Finale.


Gestern flimmerten für mich die letzten Minuten, der letzten Folge Breaking Bad auf meinen flimmerfreien Fernseher dahin. 5 Staffeln voller erdrückender Spannung, raffinierter Pläne und einer ganzen Menge Drama endeten jetzt in einem ruhigen Finale. Anders als die Meisten es wohl erwartet hatten, verabschiedete sich unser aller Lieblingsserie auf einer ungewohnt leisen Note. Die drittletzte Folge 'Ozymandias' galt für viele Fans wohl noch als fulminanter Höhepunkt der gesamten Serie. Laut und schrill verabschiedete sich die Serie von unserem geliebten DEA-Agent Hank Schrader und lies Walts Familienleben irreparabel zerstören.

"My name is ASAC Schrader, and you can go fuck yourself." - Hank Schrader

Die vorletzte Folge 'Granit State' zeigte dann noch einmal, dass Breaking Bad nicht nur von seinen spektakulären Wendungen lebt, sondern in erster Linie eine Drama-Serie ist. In dieser Folge ging es schlicht nur darum Walts und Jesses Charaktere zu brechen. Beide haben alles in ihrem Leben verloren. Walt lebt im Grunde als einsamer Einsiedler in der klirrenden Kälte. Muss sogar seinen Kontaktmann dafür bezahlen, dass ihm dieser Gesellschaft leistet. Gleichzeitig frisst der Krebs ihn von innen auf. Er ist so abgemagert, dass sein Ehering vom Finger rutscht und er sich dazu gezwungen sieht, sich temporär zum Hobbit zu machen. Sein Sohn möchte nicht mit ihm sprechen, nimmt sein hart erarbeitetes Geld nicht mehr an. Und seine ehemaligen Geschäftspartner spielen seine Leistung zur Gründung von Grey Matter herunter. Walt arbeitet nicht mehr im Imperiengeschäft, dieser Mann hat alles verloren, was er nur verlieren konnte. Jesse geht es da nicht besser, nach all dem was er über die vergangenen Staffeln erleiden musste, wird er jetzt auch noch von den Nazis zum Meth Kochen versklavt. Seine Liebe, für deren Sicherheit er sie extra verlassen hatte, ist tot. Jesse ist ebenfalls am Ende.


Was eine fröhliche Ausgangssituation für die allerletzte Folge Felina. Walt durchbricht nach einem elendig langem Jahr seine Isolation und verwandelt sich zum letzten Mal in Heisenberg. Sein Masterplan ist noch nicht vollendet, seine Familie hat sein Geld noch nicht erhalten und seine Rache hat er auch noch nicht bekommen. Wie Walt diese Probleme löst, ist einfach so fantastisch passend gemacht. Walter White war immer der kühl berechnende Strippenzieher, der es meisterhaft vermag seine Mitmenschen zu manipulieren und so an sein Ziel zu kommen. Genau das macht er, genau das funktioniert. Walter löst alle seine Probleme, seine Familie ist für Lebzeiten versorgt. Er hat Jesse befreit. Er hat das Imperium, das er aufgebaut hat mit Benzin getränkt und selbst das Streichholz geschmissen. Der König geht mit seinem Reich unter. Die wohl wichtigste Szene der Folge spielte sich aber nicht in der Wüste oder in irgendwelchen Meth Laboren statt. Sie spielte in der neuen Wohnung von Skylar. Als Walt kühl seiner Frau beichtet, dass er all das was er getan hat nur für sich getan hat. Nicht für die Familie. Er hatte Spaß an dem was er tat, er war gut darin, er konnte endlich er selbst sein und war nicht mehr hinter seinem kleinen Schreibtisch als Chemielehrer gezwängt. In dieser Szene verschmilzt er mit Heisenberg und kann endlich seinen Frieden finden, kann sterben gehen und für seine Sünden büssen. Wäre Walt lebend aus der ganzen Geschichte herausgekommen, hätte ich das der Serie wohl auch nie verziehen. Walts Tod war unausweichlich. 

"I did it for me." - Walter White

Anders sieht es da für Jesse aus, der in meinen Augen absolut ebenbürtig als Protagonist der Serie zu sehen ist. Es ging immer um Walter und Jesse, Jesse und Walter. Jesse führt Walter in die Drogenszene ein, Walter zieht Jesse letztendlich viel tiefer in die Kriminalität als er sich das je hätte träumen lassen. Im Grunde ist Jesse Pinkmann ein herzensguter Mensch. Für mich wurde Breaking Bad immer mehr zum antiklimatischen Wechselspiel zwischen Walt und Jesse. Zu Beginn fiebert der Zuschauer immer mit Walter White mit, hofft, dass er den Krebs besiegen kann und das Geld für seine Familie besorgt bekommt. Jesse ist in den Augen des Zuschauers der eigentliche Kriminelle und sein Tod scheint viel gerechtfertigter als der Walts. Im Verlauf der Geschichte wechseln diese Sympathien. Jesse zeigt immer mehr Reue für seine Taten, möchte an so vielen Punkten den kriminellen Kreislauf durchbrechen, ein normales Leben führen. Walt zieht ihn aber immer wieder in den kriminellen Sumpf hinein und zerstört Jesses Leben so Stück für Stück. Walter ist schon längst kein Sympathieträger mehr, im Laufe von Staffel 5 habe ich ihm regelmäßig den Tod gewünscht. In welcher Serie gibt es schon so eine krasse und gleichzeitig glaubwürdige Charakterentwicklung? Mir fällt keine ein. 

"Yo, Bitch." - Jesse Pinkmann


Aber kommen wir zum eigentlichen Finale. Natürlich scheint Walts Plan recht fragwürdig und fragil die Nazis mit der MG im Kofferraum zu erwischen, aber das waren Heisenbergs Pläne eigentlich immer, schlussendlich ist Breaking Bad ja auch eine Serie. Der Plan an sich passt perfekt, Walter selbst macht sich wie immer nicht die Finger schmutzig. Nur für Obernazi Jack, der anscheinend nach der Maxime 'solange man lebt soll man rauchen' lebt, lässt Walt seinen Zeigefinger zucken. Walt rettet Jesse, das ist er ihm einfach schuldig, nach all dem, was er ihm angetan hat. Wie im Rausch erwürgt der völlig verlotterte Jesse seinen Peiniger. Daraufhin bietet Walt ihm seinen Gnadenschuss an, den Jesse allerdings verweigert, das solle Walt schon selbst machen. Die Szene hat mich leider gestört. Hätte Jesse zuvor nicht Todd auf brutalste Weise erwürgt, hätte ich jetzt nichts zu merken. Alles wäre perfekt, Jesse wendet sich von seinem kriminellen Leben ab, sein Charakter ist völlig gereinigt. Nachdem er aber gerade gemordet hat, wäre es für mich gefühlt besser gewesen, wenn er Walt, der nunmal sein ganzes Leben zerstört hat, aus diesem Leben geholt hätte, der Kreis wäre dann geschlossen. Todd hätte einfach auch von Walts Apparatur eschossen werden sollen, dann hätte ich dieses Dilemma nicht. Denn entweder hat Jesse Katharsis erfahren oder nicht, so hängt er irgendwie in der Schwebe. Schön zu sehen ist aber, dass Walt sich schlussendlich mit seiner Apparatur selbst gerichtet hat, also Selbstmord begannen hat, ohne sich seine Finger wirklich schmutzig zu machen, das passt einfach. Wunderbar ist auch die fast schon New-Age Kritik durch Lydias ableben. "Tod durch Stevia", das liest man dann doch eher selten in der Zeitung. Cinematorisch toll gemacht ist dann auch die Schlusssequenz, wenn Walt durch das Meth Labor der Nazis schlendert, sanft eine Gasmaske streichelt, im Hintergrund die Worte // Guess I got what I deserve // erklingen, Walt zusammenbricht und die Kamera langsam immer höher steigt, weiß man, dass Walter Hartwell White in Frieden gestorben ist. 

Der Magic Moment der letzten Folge Breaking Bad passierte für mich allerdings eine Szene zuvor. Es ist die Szene in der Jesse davon fährt, durch das Gittertor rast und so symbolisch seine Ketten sprengt. Er ist jetzt ein freier Mann, kann mit seiner Vergangenheit abschließen, alle Menschen die ihm das Leben zur Hölle gemacht haben sind Tot. Jesse lacht, weint vor Freude. 8 Sekunden hält dieser Shot an. Ich könnte ihn mir immer wieder ansehen. Die 8 schönsten Serien-Sekunden aller Zeiten.


 
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